005 Mehrfamilienhaus Steinlig

Der vorgeschlagene Baukörper schmiegt sich zwischen die Bäume, fasst einen zentralen Vorplatz zur Steinligstrasse und einen intimeren Gartenraum gegen Osten. Vorsprünge und Balkone greifen in die angrenzenden Grünräume und verzahnen sie mit den Wohnungen.

  • Auf bestehende Qualitäten setzen
    Zahlreiche Bäume, von Mauern und Zäunen umgebene Gärten und viel unversiegelter Freiraum prägen die unmittelbare Nachbarschaft der Wettbewerbsparzelle. Wunsch der Projektverfasser ist die Bewahrung der bestehenden Bäume und deren Einbindung in qualitativ hochwertige Aussenräume. Die Parzelle wird über ihre Grenzen hinaus erfasst und durch die Anordnung des Bauvolumens gegliedert. Die Verzahnung mit der Umgebung sowie eine harmonische Ergänzung der bestehenden Nachbarhäuser sind zentrale Leitbilder des Entwurfs.

    Ankommen
    Durch die Rückversetzung des südlichen Gebäudeteils von der Strasse und zwei hervortretenden vertikalen Risaliten, die im Dach zu einer Schleppgaube münden, entsteht ein Vorplatz, um den sich das Pfarrbüro, der Haupteingang, Briefkästen, Velostellplätze, Entsorgung, Besucherparkplätze und die Tiefgarageneinfahrt anordnen. Die Ausbildung der Tiefgarageneinfahrt als „Pförtnerhaus“ trägt zur Fassung und Organisation des Ankunftsorts bei.

    Sich einfügen
    Zwei zueinander versetzte und in der Höhe gestaffelte Giebeldächer überdecken das Gebäudevolumen und bringen es in eine dem Ort angemessene Körnung. Es entstehen Fassaden die sich in ihren Proportionen an den Gebäuden der Möslistrasse orientieren. Die markanten Steildächer finden ihre Entsprechung in der Nachbarbebauung zur Ostseite der Parzelle. Über den vorspringenden erhöhten Risaliten an den Gebäudeecken klappen sich die Dächer in eine flachere Neigung auf, zelebrieren das greifen der Umgebung, und zeichnen damit eine einprägsame Silhouette. Das Schrägdach symbolisiert Schutz, und trägt zur Wahrnehmung als Zuhause für die zukünftigen Bewohner bei. Immer wieder tritt die hölzerne Konstruktion des Gebäudes zum Vorschein und verankert das Haus zusammen mit der Holzfassade in die dörflich geprägte Umgebung.

    Repräsentation und Diskretion
    Eine angemessen repräsentative Lage, sowie das Bedürfnis nach Diskretion der Besuchenden lassen die VerfasserIn das Pfarrbüro auf dem oberen Niveau mit direktem Zugang von der Steinligstrasse anordnen. Das Treppenhaus, von welchem ein Zugang zum Büro ebenfalls möglich ist, ist an der Nahtstelle der beiden Gebäude angeordnet und erhält zweiseitig, sowie über ein Dachfenster Licht und erschliesst als sparsamer Zweispänner sämtliche Wohneinheiten sowie den Garten.

    In die Weite öffnen
    Wie durch die vorspringenden Gebäudeteile suggeriert, wird das Greifen der Aussenräume auch in den Wohnungen erlebbar. Der Eintritt erfolgt über ein gefasstes Entrée, jeweils zur rechten Seite weitet sich der Raum. Jede der Wohnungen – vorgeschlagen wird ein ausgewogener Mix aller im Programm definieren Wohnungsgrössen – verfügt über eine zentrale, entweder gegen Süden oder Osten gerichtet Wohnhalle. Sie erschliesst die vorwiegend nutzungsneutralen Zimmer sowie die Aussenräume. Über die präzise Anordnung von Türen und Fenstern entstehen Quer- und Diagonalbeziehungen, die den Blick über die Wohnhalle in die Weite und nach Aussen lenken. Die Firsthöhe im Dachgeschoss von über 5 Metern gibt den beiden Dachwohnungen eine besondere Atmosphäre. Der liegende Dachstuhl, der den Grundriss von den tragenden Wänden befreit, unterstreicht den Charakter des Wohnens im Dachraum. Ein weiteres Juwel der Dachwohnungen ist der unbeheizte Wintergarten, der die Distanz zum Garten kompensiert und zur Erweiterung des Wohnraums einlädt.

    Verantwortung übernehmen
    Die Materialwahl orientiert sich konsequent an nachwachsenden und regional verfügbaren Rohstoffen. Das Tragwerk ist als Holzrahmenbau konzipiert und sorgt damit für einen sparsamen Umgang mit der Ressource Holz. Letztere wird ohne Zusätze unbehandelt und naturbelassen verarbeitet. Diagonalschalungen ersetzten die im Holzrahmenbau konventionell verwendeten Holzwerkstoffplatten. Die unbehandelte Fassade aus Douglasie sorgt für eine wartungsfreie lange Lebensdauer.

    Die geeignete Partnerschaft
    Der Projektvorschlag knüpft an alte Traditionen in einem modernen Sinn an. Die Holzrahmenelemente der Innenwände werden analog der jahrtausendealten historischen Vorbilder im Fachwerkbau – heute modern im Werk mit Lehmziegeln – ausgefacht. Die Kombination aus Holz und Lehm ist nicht nur konstruktiv sowie bauphysikalisch einleuchtend, sondern gibt den Innenräumen eine besonderen Ausdruck und eine wohnliche Atmosphäre.

    Energie machen
    Die Dachfläche wird mit einer Indach-Photovoltaikanlage ausgestattet. Die Thematik der gefalteten Dachhaut wird konstruktiv weitergesponnen und führt zu einem neuen Ausdruck von nachhaltiger Architektur. Der selbst produzierte Strom wird für den Haushalt, die Wärmepumpe, sowie für die Ladestation der Elektrovelos und Elektroautos genutzt. Dadurch wird das Gebäude zu einem relevanten Teil unabhängig vom Stromnetz.

    Wärme aus dem Boden
    Die Energie für die Raumwärme und das Trinkwarmwasser wird mit einer Erdsonden-Wärmepumpe produziert. Die Wärmeabgabe in den Räumen erfolgt über eine Fussbodenheizung (FHB). Im Sommer wird mit der FBH zudem leicht gekühlt - die Kühlenergie wird „gratis“ aus dem Erdboden bezogen und reguliert damit zugleich den Erdboden (Freecooling). Die Wohnungen sowie die Einstellhalle werden natürlich belüftet. Ab einer zentralen Lüftungsanlage im Untergeschoss werden die Nassräume und Reduits mit Abluft bedient. Die Luftverteilung erfolgt über eine Doppeldecke im Eingang- und Nasszellenbereich. Die Steigzonen liegen direkt übereinander. Es wird konsequent auf eine Trennung der primären und sekundären Systeme geachtet, so kann komplett auf Einlagen verzichtet werden. Sämtliche Anlagenteile sind damit zugänglich und rückbaubar.

    Thermische Trägheit
    Die Baukörper sind trotz den Vorsprüngen kompakt gehalten, und weisen nicht zuletzt dank des Schrägdachs einen klaren Verlauf des Dämmperimeters auf. Der Fensteranteil gegen Süden und Osten ist maximiert. Die mit Lehmziegeln ausgefachten Wände sind so angeordnet, damit sie tagsüber von der Sonne beschienen werden und thermische Energie speichern können. Das selbe gilt für die beiden Wintergärten im Dachgeschoss, welche als energetische Pufferzonen, der Minderung des Heizwärmebedarfs dienen. Gegen Norden ist der Fensteranteil klein gehalten. All dies sind ideale Voraussetzungen, im Winter genügend hohe passive solare Gewinne zu verzeichnen und dennoch einen guten sommerlichen Wärmeschutz zu bieten.

    Effizienz und Klarheit
    Die erlaubte Baumasse wird vollständig ausgeschöpft. Die effizient geschnittenen Wohnungen weisen wenig Erschliessungsfläche auf und werden jeweils mit grosszügigen Aussenräumen ergänzt. Tragende Wände sind durchlaufend angeordnet und geschossweise übereinander gestapelt.

    Das Haus als Baukasten
    Das System des Holzrahmenbau, in welchem sämtliche Wände ab dem Erdgeschoss konzipiert sind, garantiert einen hohen Grad an Vorfertigung und stellt damit die Weichen für einen kostengünstigen Bau. Selbst die Zimmermannskonstruktion im Dachstuhl, welche als Auflager für die Holzrahmenelemente des Dachs dient, ist eine ökonomische Bauweise für ein Schrägdach. Die gewählten Spannweiten der Holzdecken – ebenfalls vorfabrizierte Holzrahmenelemente – entsprechen der Gesetzmässigkeit des Systems und übersteigen die Länge von 4.9m nicht.

Jahr

2023

Landschaftsarchitektur

ORT AG

Wohnen, Pfarrbüro

Programm

Neubau ~ 700 m2

Fläche

Reformierte Kirchgemeinde Breite

Auslober

offener einstufiger Projektwettbewerb

Auftragsart

Bassersdorf ZH

Ort

Tino Crameri

Arbeitsgemeinschaft

Müller.Bucher AG

HLSKE

Büro Dudler

Verkehrsplanung

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007 Atelierküche

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003 Gewächshaus